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26.09.2023 CosmeticBusiness

Je weniger Verpackung desto besser

Bio-Pionier Primavera setzt bei seinen Verpackungen auf Reduktion und einen hohen Rezyklatanteil. Langfristig plant das Unternehmen, die eigenen Verpackungen in einen geschlossenen Kreislauf zu bringen. Dazu gab es bereits ein Pilotprojekt mit Circleback. Die CosmeticBusiness-Redaktion war mit Andrea Dahm, Nachhaltigkeitsmanagerin bei PRIMAVERA LIFE GMBH, zu diesen Themen im Gespräch.

Nachhaltigkeit nimmt inzwischen eine Schlüsselrolle in der Kosmetikindustrie ein. Was bedeutet das für Ihre Funktion als Nachhaltigkeitsmanagerin bei Primavera?

Wir von PRIMAVERA begrüßen es sehr, dass Nachhaltigkeit endlich mehr in den Fokus der gesamten Kosmetikindustrie rückt. Auch wenn unsere Branche, wie andere auch, noch einen weiten Weg vor sich hat, haben Unternehmen doch einen großen Hebel für die Lösung vieler Nachhaltigkeitsherausforderungen in der Hand. Für uns als Bio-Pionier ist Nachhaltigkeit seit der Firmengründung 1986 Basis unseres Schaffens, auch wenn es den Begriff so damals noch nicht gab. Als Nachhaltigkeitsmanagerin eines solchen Vorreiter-Unternehmens fühle ich mich unserer Gründungsabsicht und Geschichte verpflichtet. Für die großen Herausforderungen der Klimaerwärmung, den Verlust der Arten und die zunehmenden sozialen Ungleichheiten in unserem Rahmen Lösungen zu finden und umzusetzen, sehe ich als meine wichtigsten Aufgaben.

Primavera wurde für nachhaltiges Handeln bereits mehrfach ausgezeichnet. Welche Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit verfolgt Primavera?

Gemäß unseres Markenclaims „Die Liebeserklärung an Mensch & Natur“ betrachten wir Nachhaltigkeit ganzheitlich und verfolgen vielfältige Aktivitäten im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Unser Fokus liegt schon immer auf der Förderung des Bio-Anbaus, der nicht nur vitalere Pflanzenstoffe hervorbringt. Auch die Gesundheit unserer Böden wird gefördert, der Schutz der Arten – auch ein Schwerpunkt bei PRIMAVERA – des Klimas sowie der Schutz der Gewässer. Dazu steht der stetige Ausbau unserer Bio-Anbaupartnerschaften im Vordergrund, was auch unsere Lieferketten in diesen unruhigen Zeiten stärkt. Davon profitieren ebenso die Landwirte und deren Familien unserer weltweiten Partnerschaften, die in kleinbäuerlichen Strukturen und mit viel Know-how die wertvollen Pflanzenstoffe für uns anbauen und ernten und von uns dafür faire Löhne erhalten. Weiter suchen wir stetig nach Lösungen zur Reduktion unseres Energieverbrauchs und Emissionen sowie für die Abfallproblematik durch unsere Verpackungen.

Wie sieht das konkret im Bereich Verpackung aus?

Ganz klar, die beste Verpackung für Umwelt und Klima ist gar keine Verpackung. Auch klar ist, dass das nicht möglich ist. Um die natürlichen Ressourcen der Erde zu schonen, für aktiven Klimaschutz und zur Reduktion des Abfallaufkommens ist unsere erste Priorität das Weglassen unnötiger Umverpackungen. Aktuell sind 85 Prozent unserer Produkte ohne Umkarton. Als zweites steht das Minimieren bestehender Materialien im Fokus. Im Zuge des Naturkosmetik Relaunches konnten wir zum Beispiel das Glasgewicht der 30 bis 100 ml-Flaschen um rund 16 Prozent senken. Alleine diese Reduktion hat eine Einsparung von 94,1 Tonnen CO2 seit der Einführung 2021 bis Ende 2022 bewirkt, von der Herstellung über den Transport zu uns bis zum Produktlebensende. Diese Menge entspricht dem Ausstoß von 70 Kleinwagen bei einer Fahrleistung von 15.000 km pro Jahr. Eine enorme Einsparung alleine durch diese Maßnahme. Ein weiteres Beispiel ist das innovative Airless-System, das 2021 mit dem ‚Nachhaltigkeitspreis in Gold der Verpackungsindustrie‘ ausgezeichnet wurde, und das wir für unsere Cremes und Fluids einsetzen. Das System nutzt nicht nur den derzeit höchstmöglichen Anteil an recyceltem Kunststoff im Behälter, also im Schnitt zwischen 80 und 83 Prozent, sondern spart darüber hinaus aufgrund seines minimalen Materialeinsatzes natürliche Ressourcen.

Primavera gab im letzten Jahr die Kooperation mit dem Berliner Start-up Circleback bekannt. Im Rahmen eines Pilotprojektes sollten die Recyclingprozesse verbessert und langfristig möglichst alle Verpackungen in geschlossene Kreisläufe gebracht werden. Das Pilotpojekt mit Circleback zur Etablierung eines Pfandsystems für Badezimmerplastik ist vorerst gestoppt. Wie kam es dazu?

Genau. Das Circleback Projekt startete 2021 mit dem Ziel, den Stoffkreislauf für Kosmetikverpackungen aus Kunststoff zu schließen, indem die Verpackungen in einem eigenen Pfandsystem, analog dem der Getränkeindustrie, zurückgenommen und separat recycelt werden sollten. Meiner Einschätzung nach ein sehr vielversprechender Ansatz, „echtes“ Recycling, also die Verwendung zum gleichen Zweck – Kosmetikverpackungen werden wieder Kosmetikverpackungen – voranzubringen. Somit könnten Kunststoffe wesentlich länger im Kreislauf verbleiben. PRIMAVERA war daher auch als einer der ersten Partner aus der Kosmetikindustrie am Projekt beteiligt.

Leider stand das Projekt in den vergangenen Monaten vor regulatorischen Herausforderungen, die den Rahmen der Möglichkeiten aller Partner überstiegen. Die zuständigen Behörden in den Pilotgebieten Berlin, Hamburg, Hessen und Bayern lehnten die freiwillige Plastik-Kollekte mit dem Argument ab, das übergeordnete Verpackungsgesetz lasse nur die Sammlung im dualen System zu. Auch zahlreiche Abstimmungsgespräche änderten an dieser Position der Behörden nichts. Das ist schade, sind doch innovative Lösungen für effizienteres Recycling gefragt und wir als Hersteller möchten zudem unserer Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus unserer Verpackungen gerecht werden. Aufgrund der Ablehnung seitens der Behörden konnten die geplanten Piloten zum Testen der Verbraucherakzeptanz und Rücklaufmengen schlussendlich nicht durchgeführt werden. Und weil Circleback als Start-up weder Geld noch Zeit für rechtliche Auseinandersetzungen mit Behörden hat, haben sie das Projekt nun leider einstellen müssen.

Verfolgen Sie derzeit alternative Lösungsansätze, um Primavera Verpackungen in einen geschlossenen Kreislauf zu bringen?

Wir arbeiten weiter fokussiert daran, unsere Verpackungen in geschlossene Kreisläufe zu bringen, denn die natürlichen Ressourcen zu schonen und Abfallvermeidung sind essenzielle Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz. Aktuell setzen wir dabei auf zwei Ansätze: Zum einen soll Verpackungsmaterial, das wir nicht weiter reduzieren können, zu höchstmöglichem Anteil aus Recyclingmaterial bestehen. Dazu steigern wir stetig den Rezyklatanteil unserer Packmittel, wann immer es der Stand der Technik zulässt. Zum anderen achten wir darauf, dass möglichst wenig verschiedene Materialien innerhalb einer Verpackung kombiniert werden und designen sie so, dass die Komponenten gut trennbar sind für eine bessere Recyclingfähigkeit. Die Kunststofftuben unserer Duschbalsame konnten wir bereits sogar auf Monomaterial umstellen bei gleichzeitiger Materialreduktion um durchschnittlich 29 Prozent und einem Rezyklatanteil von im Schnitt 59 Prozent. Zusätzliche Ideen, zum Beispiel zur längeren Nutzung der Verpackungen, schauen wir uns ebenfalls genau an.

Primavera, Andrea Dahm
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